Holzbau Schwarzwald
04.01.2013

Holz im Wandel der Erfordernisse für das Bauen

In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die Holztechnologie und der Holzbau mit einer bisher ungekannten Geschwindigkeit verändert. Der Anteil von reinen Holzgebäuden oder auch Mischkonstruktionen am Gesamtbauvolumen hat deutlich zugenommen. Der Baustoff Holz erfüllt alle Anforderungen an

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Technische Entwicklung

Im 20. Jahrhundert wurde die traditionelle Tektonik des Holzbaus folgenreich hinterfragt. Die Konsequenz ist eine deutlich neue Ausrichtung von stabförmigen (Fachwerk, Skelett) hin zu scheibenförmigen Elementen. Dies zieht veränderte architektonische Gestaltungsprinzipien nach sich. So werden im Holzrahmenbau die zur Aussteifung beplankten Rahmen zu Tafeln zusammengefügt, deren mögliche Größe allein durch die Transport- und Montagekapazitäten bestimmt sind. Die Elemente wirken dabei statisch als Scheiben, so dass große Spannweiten etwa für Fensterbänder, aber auch für frei auskragende Körper systemgerecht realisierbar wurden. 

Noch offensichtlicher ist der andersartige Charakter der Struktur bei neueren Systemen mit Kasten-, Flächen- oder Schalenelementen aus Nadelholz oder bei den schnell sich verbreitenden Massivkonstruktionen mit Brettstapelelementen, Brettschichtholz-Elementen oder Brettsperrholz. Flächige Bauteile ermöglichen heute die Umsetzung monolitisch und homogen gedachter Bauformen, welche bislang dem Massivbau, etwa mit homogenem Beton, vorbehalten schienen. 

Eine Ursache für die hohe Leistungsfähigkeit von Holzbauelementen ist in der rasanten Entwicklung moderner Holzwerkstoffe zu sehen. Die Eigenschaften mehrschaliger Außenbauteile lassen sich durch die Verwendung unterschiedlicher Platten für Dämmstandards oder die Speicherfähigkeit differenziert steuern. Zur Ausnutzung von Resthölzern wird der Rohstoff durch technische Verfahren homogenisiert und in Formate gebracht, die von Natur aus nicht existieren. Diese neuen Produkte besitzen wesentlich bessere technologische und statische Eigenschaften als Vollholz. Neben dem „Klassiker“ Brettschichtholz (BS-Holz), dessen Erfindung schon ins ausgehende 19. Jahrhundert zurückweist, seien als Beispiele plattenförmige Baustoffe wie Furnierschichtholz (FSH), Langspanholz (Timberstrand) oder OSB-Flachpressplatten (Oriented Strand Boards) genannt, die beachtliche Verbreitung finden.


Zeitgemäße Eigenschaften

Die Verarbeitung von Bäumen zum Baustoff Holz benötigt weit weniger fossile Energie als die Herstellung von Stahl, Beton, Kunststoff, Ziegeln oder gar Aluminium. Technisch betrachtet ist Holz ein mit Cellulosefasern bewehrter Verbundbaustoff mit hohem Hohlraumanteil. Sein geringes Eigengewicht ermöglicht den einfachen Transport von Bauteilen in großen Mengen. Holz ist bei gleicher Tragfähigkeit wesentlich leichter als Stahl und hat annähernd die gleiche Druckfestigkeit wie Beton, kann im Gegensatz zu diesem aber auch Zugkräfte aufnehmen. 

Darüber hinaus ist Holz das tragfähigste aller wärmedämmenden Materialien. Wegen seines Hohlraumanteils hat es günstige Wärmedämmeigenschaften und hilft bei guter Detailgestaltung Wärmebrücken zu vermeiden. Da bei Außenelementen im Holzbau meistens die Dämmebene innerhalb der Tragebene liegt, ergeben sich geringere Wanddicken als bei anderen Bauweisen mit gleichen Dämmstoffdicken. Wer heute hoch energieeffiziente Gebäudehüllen für ein Passivhaus oder ein Nullenergiehaus benötigt, kommt nicht am Baustoff Holz vorbei.

Eine besondere Stärke des Holzbaus ist der hohe Grad der werkseitigen Vorfertigung, also die Produktion unter optimalen Bedingungen ohne Witterungseinflüsse mit trockenen und sauberen Bauprodukten. Neben der Qualitätssicherung an sich trägt er zur Vermeidung von Wartezeiten durch Trocknungsprozesse für die nachfolgenden Gewerke zur deutlichen Verkürzung der Gesamtbauzeit bei.

Neues Gebot: Nachhaltiges Bauen

Keine Diskussion über den Zustand unseres Planeten kommt heute ohne die Feststellung aus, dass der technische Fortschritt des 20. Jahrhunderts mit einem immens steigenden Ressourcen- und Energieverbrauch erkauft wurde. Die Baubranche sieht sich gefordert, neben den technischen Qualitäten eines Gebäudes zukünftig auch die ökologischen Eigenschaften zu verantworten. Bis zum Jahr 2020 will Deutschland den Ausstoß des klimaschädlichen Treibhausgases Kohlendioxid um 40 Prozent senken und damit zu einem Vorreiter in der Klimapolitik werden. 

Besonders großes Potenzial zur Verringerung der Emissionen bietet die Bau- und Immobilienwirtschaft. In Deutschland werden rund 50 Prozent des gesamten Energieverbrauchs dafür aufgewendet, Gebäude nutzen zu können. Eine nachhaltige Bauweise und eine Verringerung des Heizenergiebedarfs können diesen Anteil erheblich senken. Dabei rücken nachwachsende Rohstoffe wie Holz in den Blickpunkt des Interesses, sind sie doch für das nachhaltige Bauen bestens geeignet. Holz trägt aktiv zum Klimaschutz bei: Holzprodukte binden langfristig Kohlendioxid und entlasten so die Atmosphäre. Holz ist multifunktional – zuerst Werk- und Baustoff, zu guter Letzt Brennstoff. Bauen mit Holz erfüllt die Forderung nach einer ökologischen und nachhaltigen Bauweise in besonderem Maße: Der Energieaufwand zur Herstellung von technisch getrocknetem Bauholz verbraucht nur etwa 20 Prozent der im Holz gespeicherten Energie. Das Holzhaus der Zukunft ist in der Lage, die für seinen Bau aufgewendete Energie zurückzugeben, indem es mit solarthermischen Maßnahmen oder anderen Energiegewinnungstechniken kombiniert wird. 


Großthema energetische Sanierung

Die energetische Sanierung bestehender Bauten ist gerade in Zeiten einer konjunkturellen Flaute ein Motor für die Bauwirtschaft. In Deutschland werden 90 Prozent der Heizenergie in Häusern verbraucht, die älter als 25 Jahre sind. Ein Großteil dieser Energie geht ungenutzt verloren, weil viele Altbauten eine ungenügende Wärmedämmung haben. Aufgrund seiner wärmedämmenden Eigenschaften und seines geringen Eigengewichts erweist sich Holz als geeigneter Baustoff für die Gebäudehülle von Altbauten. Die hohe Anpassbarkeit, die Ausbildung zu selbsttragenden Elementen sowie die leichte Bauweise ermöglichen die Kombination auch mit massiven mineralischen Konstruktionen. Eine intelligente Systembauweise mit Holz kann den Heizenergiebedarf um bis zu 90 Prozent senken. Bei der Außendämmung lassen sich fertige Elemente vor die Außenfassade hängen. Dabei ermöglicht der hohe Vorfertigungsgrad eine schnelle und damit kostengünstige Montage ohne aufwändige Gerüste. So kann innerhalb kürzester Zeit eine thermisch optimierte Gebäudehülle entstehen.


Vorteile durch Mischbauweise

Der Umbau des Studentenwohnheims vermittelt zusätzlich eine andere Tendenz im Holzbau: Die Kombination von Holzbauteilen mit mineralischen und auch metallischen Bauweisen. Es sind nicht immer die reinen Holzbauten, die einer Bauaufgabe am besten gerecht werden. Aus ästhetischen wie aus technischen Gründen wurden schon immer die spezifischen Eigenschaften unterschiedlichster Baustoffe sinnvoll kombiniert. Die heute häufig anzutreffende Mischung von Bauweisen innerhalb eines Gebäudes verfolgt das Ziel, die jeweiligen Stärken der Baustoffe auszunutzen und entsprechende Schwächen auszugleichen. Die Eigenschaften ergänzen sich und bieten funktionale, konstruktive sowie ökonomische Vorteile. Holz wird meist für die Außenwände eingesetzt, da so optimale Dämmeigenschaften und wärmebrückenfreie Konstruktionen am wirtschaftlichsten zu realisieren sind. Dies gilt in gleichem Maße für Neubauten wie für Bauten des Bestands.

Es ist möglich und sinnvoll, durch den Einsatz der Mischbauweise auf wirtschaftliche Art die Gebäude in hoher Qualität dem heutigen Standard anzupassen oder sie noch darüber hinaus zu verbessern. Unter bestimmten Voraussetzungen ist anstelle einer thermischen oder sonstigen baulichen Ertüchtigung der vollständige Austausch der Außenwandkonstruktion angebracht. Dafür liefern die Stahlbeton-Schottenbauweise oder auch die Skelettbauweise – sie haben von den 1960er Jahren bis weit in die 1980er Jahre weite Verbreitung gefunden – gute Voraussetzungen. Vorgehängte, kerngedämmte Stahlbeton-Fassadenelemente, die den energetischen Anforderungen nicht mehr genügen, lassen sich gegen hochwärmegedämmte Außenwandelemente in Holzbauweise austauschen. Die tragende und aussteifende Bestandskonstruktion wird nicht angetastet. 


Bauen im Bestand

Die Bauwirtschaft trifft also auf ein reichhaltiges Betätigungsfeld in bestehender Substanz: Bereits über 60 Prozent der Projekte in Deutschland sind diesem Segment zuzuordnen. Es weist als einziges ein wachsendes Auftragsvolumen auf. Neben der energetischen Sanierung gewinnen die Umnutzung oder auch Aufstockung und Nachverdichtung wieder an Bedeutung. Holz spielt hierbei eine besondere Rolle. Die große Bandbreite von Holzprodukten erlaubt individuelle Lösungen, die gerade im Altbau gefragt sind. Die trockene Bauweise mit ihrer hohen Maßhaltigkeit sorgt für kurze Bauzeiten und damit eine geringst mögliche Störung der Anwohner – Faktoren, die schon immer beim Bauen im Bestand eine Rolle spielten. Umbaumaßnahmen tragen im Idealfall zum Klimaschutz bei, senken anfallende Kosten für Heizenergie, erhöhen den Wohnkomfort und sorgen für eine Wertsteigerung der Immobilie. 

Das geringe Gewicht der Holzbaukonstruktionen hilft nicht nur die Bauzeit vor Ort zu verkürzen, sondern auch die Baukosten zu reduzieren. Aufstockungen lassen sich oft überhaupt nur in Holzbauweise realisieren, da der Bestand nicht für weitere große Belastungen ausgelegt ist und Lasten aus zusätzlichen Konstruktionen nur in wenigen Bereichen abgeleitet werden können. Auch bei Anbauten und der Schließung von Baulücken können werkseitig erstellte Bauteile wie Wände, Decken und Dächer mit Hilfe von Mobilkränen in einem Arbeitsgang montiert werden. Bauteile aus Holz lassen sich mit leichtem Gerät auch in unzugängliche Bereiche bewegen und schnell montieren. 


Quo vadis?

Nachhaltigkeit und Energieeffizienz werden zu einem bestimmenden Handlungsmotiv beim Bauen und verlassen endgültig die ihnen bislang zugewiesene Nische. Die besondere Verantwortung der Architektur und ihr potenziell hoher Beitrag an der Lösung der anwachsenden Probleme werden offensichtlich. Angesichts der sich in diesem Jahrhundert noch deutlicher abzeichnenden Herausforderungen wird das Bauen mit Holz eine ganz besondere Rolle spielen. 

Und nicht zuletzt besitzen neben technischen, ökologischen und wirtschaftlichen Vorteilen seriell bearbeitete und veredelte Holzprodukte ästhetische und emotionale Eigenschaften wie kein anderes Baumaterial. Wer heute suchenden Auges unser Land bereist, kann das Aufkeimen einer neuen Holzbaukultur verfolgen. Weitsichtige Bauherren, Architekten und Tragwerksplaner inspirieren Forschung und Entwicklung auf Seiten der Holzwirtschaft und ebenso umgekehrt. Gemeinsam realisieren sie qualitätsvolle Architektur mit Holz für eine bessere Zukunft.

 

Quelle: Artikel von Ullrich Huth im BDB-Jahrbuch 2009

 

 

 


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